Spaß-App TikTok: Klappern fürs Recruiting
"Wer Menschen einstellen will, muss diese zuerst positiv auf sich aufmerksam machen", sagt Peter Fenkl, der Vorstandschef bei Ziehl-Abegg. Was banal klingt, ist angesichts einer geänderten Mediennutzung schwierig.
Daher hat der Firmenchef bei Ziehl-Abegg im Juni 2020 einem engagierten Team von Mitarbeitern grünes Licht für einen TikTok-Kanal gegeben.
Was zuerst als reines Freizeitvergnügen begann – ähnlich einer Betriebssportsgruppe – ist nun ein etablierter Punkt in der Außenwirkung des Industrieunternehmens. Kurze Videoclips auf der neuen Plattform zeigen humorige Szenen aus dem Unternehmen. Bei den kurzen Videoclips geht es nicht um Produkte oder Werbeaussagen. "TikTok macht nur auf uns aufmerksam", erklärt Fenkl. Und es zeige, wie viel Spaß die Mitarbeiter bei Ziehl-Abegg haben.
Anfangs waren Jugendliche die Zielgruppe. Doch der Inhalt der Videos wird vom Algorithmus der Plattform zunehmend Älteren gezeigt. Dies spiegelt sich auch in den Reaktionen in Form der Kommentare wider: "Stellt ihr Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik ein?", fragt ein Nutzer mit dem Pseudonym Bluefirescorpion. Ein anderer Kommentator schreibt: "Benötigt ihr noch Industriemechaniker?" Das wirkt. "TikTok hat schon zur Neueinstellungen von berufserfahrenen Fachkräften geführt", freut sich Fenkl.
Filme kennen keine Altersgrenze
"Wer TikTok im Kinderzimmer ansiedelt, der irrt", sagt Rebecca Amlung. Sie ist Dreh- und Angelpunkt im dreiköpfigen TikTok-Kernteam. Die kurzweiligen Filme kennen keine Altersgrenze. "Cool – eure Produkte habe ich vor fast 30 Jahren als Einkäufer betreut", kommentiert ein Nutzer, der angesichts der Zeitspanne schon älter sein muss.
Ein anderer schreibt: "Hammer FUs macht ihr!!!" Oder kbly_08 meint: "Krass! Bis heute kannte ich leidglich die Aufzugsmotoren! Jetzt habe ich noch ein sympathisches Gesicht dazu."
Bei Ziehl-Abegg läuft Tiktok ohne externe Agentur und außerhalb des Marketings. Das Kernteam kommt aus dem Produktmanagement, der Personalentwicklung und der Öffentlichkeitsarbeit. "Wir Drei haben einfach Spaß am Konzipieren und Drehen", erklärt Amlung. Je nach Bedarf werden Akteure in anderen Bereich angesprochen und eingebunden.
22 Millionen Videoaufrufe
Im August dieses Jahres erreichte Ziehl-Abegg auf TikTok 50.000 Follower, knackte eine Million Likes und verzeichnete mehr als 22 Millionen Videoaufrufe. An mehreren Hochschulen im deutschsprachigen Raum wird der Account als Bestpractise-Beispiel im B2B-Bereich gehandelt. Das Team hat auch schon Vorlesungen an Hochschulen über TikTok im B2B-Bereich gehalten.
"Wenn wir im Frühstückfernsehen stattfinden oder die FAZ und andere Medien über unseren TikTok-Kanal berichtet, gibt uns das zusätzliche Reichweite", freut sich Vorstandschef Fenkl.
"Die Zukunft ist digital", sagt der Firmenchef. "Daher müssen wir dort auch zur Fachkräftegewinnung präsent sein." Neben dem Engagement auf der Plattform TikTok hat Ziehl-Abegg daher auch im Sommer 2021 erstmals ein eSports-Turnier veranstaltet. Spieler aus mehreren Ländern haben den Versuch gleich zum Erfolg werden lassen. "Für 2022 sind nun mehrere Turniere geplant", sagt Fenkl.
Von Rainer Grill
Der Autor ist Leiter der Öffentlichkeitsarbeit bei Ziehl-Abegg
Was ist TikTok? TikTok ist eine Handy-App, auf der Nutzer kostenfrei Kurzvideos online stellen können. Die Kommunikation läuft weitgehend über die Kommentare zu den Videos. Gestartet als Plattform für Tanz- und Musikvideos war die Altersstruktur anfangs sehr jung. Mittlerweile ist der Großteil der Nutzer 18 bis 35 Jahre alt – also eine passende Zielgruppe, um potenzielle Mitarbeitende anzusprechen. Da die App aus China kommt, werden immer wieder Datenschutzprobleme medial thematisiert.
Weitere Informationen: www.tiktok.com/@ziehl_abegg
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