Was ist mein Unternehmen wert?
Über den Marktwert eines Aufzugsherstellers gibt es in der Aufzugsbranche viele Mythen. Oft wird behauptet, dass vor allem das Servicegeschäft ausschlaggebend ist. Doch die Angelegenheit ist weitaus komplexer.
Viele Transaktionen scheitern an überhöhten Preisvorstellungen der Verkäufer. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer den Unternehmenswert seriös einschätzt, erhöht die Chance auf eine erfolgreiche Transaktion signifikant. Doch wie ermittelt man einen realistischen Preis?
Manche Aufzugunternehmer sehen im Servicegeschäft noch immer den wesentlichen Wert der eigenen Firma. Ein fataler Irrtum. Aber auch gängige Bewertungsmethoden wie die DCF (Discounted Cash-Flow), die auf der Mehrjahres-Finanzplanung des Verkäufers aufbaut, oder die "Comparable Transaction"-Methode, die Kaufpreise anhand vergleichbarer Transaktionen im übergeordneten Segment Maschinen- und Anlagenbau ermittelt, würden zu einer äußerst unpräzisen Bewertung eines Aufzugherstellers führen.
Zur Illustration: Laut "Finance", Betreiber der umfangreichsten Multiples-Datenbank, werden Maschinen- und Anlagenbauer derzeit für das 7,6-fache EBIT verkauft. Hingegen konnten mittelgroße und große Aufzughersteller nach den Erhebungen der Watermann Agens GmbH in den vergangenen Jahren einen Kaufpreis in Höhe des 20- bis 40-fachen ihres EBIT erzielen.
Kaufpreis recht genau prognostizieren
Der Grund für diese große Diskrepanz: Während herkömmliche Bewertungsmethoden den Ertrag als wichtige Bestimmungsgröße für den Kaufpreis heranziehen, wird der Wert eines Aufzugherstellers von einem ganzen Bündel an Faktoren beeinflusst:
• Umsatzstruktur (nach Neuanlagen, Produkten, Wartung, Notruf, Modernisierung, Reparatur, Ersatzteilen etc.)
• Mitarbeiterstruktur: Anzahl hochqualifizierter Fachkräfte
• Neuanlagen: Produktpalette, Qualität, Konvertierungsrate NI zu Servicevertrag
• Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Vor- und Nachkalkulation
• Kundenstruktur: ABC-Analyse, etwaiges Klumpenrisiko, regionale Verteilung, Verteilung öffentliche/private Auftraggeber
• Anlagen unter Vertrag: Art, Laufzeit, Alter, Reparatur- und Modernisierungspotenzial, vertragliche Preisanpassungsklauseln, Schwund der vergangenen Jahre, Verteilung Eigen-/Fremdfabrikate, Vertragsmix (All-In-Verträge), Gesamteindruck der Anlagen.
In diesem für Aufzugunternehmer so entscheidenden Punkt geht es also nicht nur um reine Mathematik, sondern auch um die exakte Gewichtung dieser Faktoren. Nur so kann der Wert des Unternehmens bereits in einer frühen Phase genau prognostiziert werden.
Auf Basis ausgewählter Bilanz- und GuV-Positionen sowie anhand der Eckdaten der in der Aufzugbranche abgeschlossenen Transaktionen der vergangenen Jahre können erfahrene Berater den erwarteten Kaufpreis recht genau prognostizieren. Als Begleiter zahlreicher Transaktionen hat die Watermann Agens GmbH festgestellt, dass der erzielte Kaufpreis in fast allen Fällen erheblich von den ursprünglichen Vorstellungen der Parteien abgewichen ist.
Wichtige Kaufpreis-Anpassungsklauseln
Wenn sich der Verkäufer mit dem Käufer auf einen Unternehmenswert geeinigt hat, steht aber noch eine ganz andere Frage im Raum: Wie beeinflussen die üblichen Kaufpreis-Anpassungsklauseln den Betrag, der tatsächlich fließt? Denn letztlich ist für einen Verkäufer nur dieser Betrag relevant.
Was viele nicht wissen: Der Verkäufer kann großen Einfluss auf die Anpassungsklauseln nehmen, die erhebliche materielle Auswirkungen haben. Aber selbstverständlich nur dann, wenn er weiß, was hier möglich ist. Ein erfahrener Berater ist darüber im Bilde, welche Zugeständnisse üblich und wo klare Linien zu ziehen sind. Denn ein Deal ist nur dann wirklich gut, wenn er dem Verkäufer schnellstmöglich die benötigte Sicherheit gibt.
Von Dr. Lars Watermann
Der Autor ist Geschäftsführer der Watermann Agens GmbH und auf Firmentransaktionen in der Aufzugbranche spezialisiert. In den vergangenen 15 Jahren hat er zahlreiche Aufzugunternehmer bei ihrem Firmenverkauf beraten, darunter Marohn, Colonia und die Eggert Gruppe (TK Elevator), Janzhoff (Kone) sowie B&T, Dralle und – aktuell – A.S. Aufzug + Service (Schindler).
Steuerhammer nach der Wahl: Nicht nur die Anpassungsklauseln entscheiden darüber, wie viel Geld ein Unternehmer für sein Lebenswerk letztendlich erhält. Auch die Steuern haben natürlich immensen Einfluss. Hier könnte sich die Lage schon bald erheblich zu Ungunsten der Verkäufer ändern. Beobachter rechnen damit, dass angesichts von Klimakrise und Corona-Kosten nach der Bundestagswahl im September keine Regierung an höheren Belastungen vorbeikommen wird.
Unternehmer stehen hier besonders im Visier, weil mit einer vergleichsweisen kleinen Gruppe sehr hohe Erlöse erzielt werden können: Stichwort Abgeltungssteuer und Teileinkünfteverfahren. Warum der Gewinn aus einer solchen Transaktion im Vergleich zu heute leicht um 20 Prozent schrumpfen kann, lesen Sie in diesem Beitrag.
Weitere Informationen: watermann.ag
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