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Aktuelles | Dezember 2024
Erste "Benannte Stelle" für Maschinenverordnung
TÜV Süd ist als weltweit erste Benannte Stelle auf der europäischen NANDO-Website für die neue Maschinenverordnung anerkannt und gelistet.
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Juli 2020
Nach konservativen Schätzungen haben derzeit mindestens 15 Prozent der Aufzüge kein wirksames Zwei-Wege-Kommunikationssystem. Doch das wird Ende 2020 Pflicht. Mit welchen Folgen müssen die Betreiber rechnen, die nicht pünktlich nachrüsten?
Mit der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) vom Mai 2015 haben sich die Anforderungen für den Betreiber – im offiziellen Amtsdeutsch "Arbeitgeber" – an das Notrufmanagement verändert. So musste unmittelbar nach Inkrafttreten der Betriebssicherheitsverordnung innerhalb von zwölf Monaten ein Notfallplan mit vordefinierten Inhalten an jeder Aufzugsanlage vorhanden sein.
Für die Aus- oder Nachrüstung einer wirksamen Zwei-Wege-Notrufeinrichtung mit Verbindung zum ständig besetzten Notdienst hat der Gesetzgeber damals eine Übergangsfrist bis zum Ende des Jahres 2020 eingeräumt, sollte das Kommunikationssystem nicht bereits vorhanden sein.
Hiermit sollte wirtschaftlicher und zeitlicher Druck für die beteiligten Kreise genommen werden. Durch die Frist von fast fünf Jahren ist es beinahe zwingend, dass die gesetzlich geforderten Umbauten aus dem Fokus der Betreiber gerieten. Die Folge: Derzeit haben nach konservativen Schätzungen ca. 15 Prozent der Aufzüge kein wirksames Zwei-Wege- Kommunikationssystem, wir sprechen also über eine sechsstellige Zahl von anzupassenden Anlagen.
Auch ohne einen differenzierten Blick auf den Kalender ist es eher unwahrscheinlich, dass diese Aufgabe – weder von Hersteller noch von Montagebetrieben dieser Systeme – in den verbleibenden Monaten bis zum 1. Januar 2021 zu leisten ist. Deshalb muss man sich nun mit den möglichen Rechtsfolgen beschäftigen.
Eines bereits vorweg: Die Wahrscheinlichkeit, dass es eine Fristverlängerung gibt, halten Fachleute für gering bis nicht vorhanden. Dies auch vor dem Hintergrund, dass es zum einen keine Ermächtigungsgrundlage in der BetrSichV gibt, zum anderen im Bußgeldkatalog zur Betriebssicherheitsverordnung der Tatbestand des "in einer Aufzugsanlage … nicht wirksamen Zwei-Wege-Kommunikationssystems" explizit erfasst ist, hier belegt mit einem Bußgeld von 2.000 Euro und konsequenterweise je Aufzug.
Doch der Reihe nach: Im ersten Schritt wird das Fehlen der Notrufeinrichtung durch die Zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) ab dem 1. Januar 2021 im Zuge der wiederkehrenden Prüfung als Mangel erfasst, eine Kategorisierung des Mangels ist noch nicht beschlossen oder zumindest kommuniziert. Auch zur Weiterleitung an die zuständigen Aufsichtsbehörden bedarf es einer Regelung, die es derzeit noch nicht gibt.
Formaljuristisch darf der Betreiber (Arbeitgeber) gemäß BetrSichV §5 (2) Aufzugsanlagen "… nicht zur Verfügung stellen und verwenden lassen, wenn sie Mängel aufweisen, welche die sichere Verwendung beeinträchtigen." Wenn die Aufsichtsbehörden von derartigen Mängeln Kenntnis erlangen, durch wen auch immer, müssen die Betreiber mit dem benannten Bußgeld und / oder der Abschaltung des Aufzugs durch Behörden rechnen.
Es gibt noch die Möglichkeit des Weiterbetriebs der Aufzugsanlage ohne wirksame Zwei-Wege-Kommunikationseinrichtung über eine Einzelfallentscheidung als Ausnahme. Auch hier fällt die zuständige Behörde die Entscheidung, die Möglichkeit ergibt sich ebenfalls aus der BetrSichV §19 (4). Da es sich hier um eine Einzelfallentscheidung handeln wird, schließt sich allein schon durch die Wahl der Bezeichnung der Entscheidung eine übergreifende Anwendung als standardmäßiges Vorgehen im föderalen Deutschland eher aus.
Fazit: Die Aus- oder Nachrüstung von Zwei-Wege-Kommunikationssystemen ist für Aufzüge mit Personenbeförderung bis zum 31. Dezember 2020 gesetzlich vorgeschrieben. Sollte dieser seit Mitte 2015 bekannten Forderung vom Betreiber zum Stichtag nicht nachgekommen werden, so muss er von Seiten der ZÜS mit einer Mängelanzeige im Zuge der nächsten wiederkehrenden Prüfung rechnen und bei Kenntnis der Aufsichtsbehörden mit einem Bußgeld von 2000 Euro je Aufzug und / oder der Abschaltung des Aufzugs durch Behörden.
Last but not least: Zu den technischen Anforderungen an die Systeme finden Sie unter anderem Hinweise in der Technischen Regel für Betriebssicherheit 3121 "Betrieb von Aufzugsanlagen" und der DIN EN 81-28 "Fern-Notruf für Personen- und Lastenaufzüge". Zu den weiteren Fragen stehen die Mitgliedsunternehmen der Fachverbände zur Verfügung.
Jan König
Der Autor ist technischer Referent beim VFA-Interlift e. V.
Weitere Informationen: vfa-interlift.de
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