Martin Schmitt: Die Pläne des neuen Vorsitzenden
Martin Schmitt hat – großzügig gerechnet – die berühmten ersten 100 Tage im Amt hinter sich: Seit Mitte April ist der 63-Jährige Vorsitzender des Fachverbands Aufzüge und Fahrtreppen im VDMA.
Der Geschäftsführende Gesellschafter der Aufzugswerke Schmitt + Sohn GmbH & Co. KG hat das Amt von Albert Schenk übernommen, der den Vorsitz seit 2005 innehatte. Dem LIFTjournal stand Martin Schmitt jetzt Rede und Antwort.
Sie sind nun schon einige Monate im Amt. Was wollen Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Schmitt: Albert Schenk hat den Verband über 16 Jahre erfolgreich geführt und vieles im Interesse der Branche bewegt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Deshalb ist es meine erste Aufgabe an die Leistung von Herrn Schenk anzuknüpfen. Dabei müssen wir uns den vielfältigen Herausforderungen eines dynamisierten Branchenumfeldes stellen. Diese leiten sich aus den sogenannten "Megatrends" in unserer Welt ab, etwa der demographischen Entwicklung oder den technischen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Auf unserer Agenda steht also nicht so sehr der Unterschied zur ehemaligen Verbandsführung, sondern auf welche Herausforderungen wir als Branche im VDMA reagieren müssen. Wir wollen die Strukturen und die inhaltliche Ausrichtung des Verbands kurz-, mittel- und langfristig auf diese Herausforderungen ausrichten. Daran arbeiten wir gerade im Vorstand zusammen mit den Sprechern der Komitees. Das wollen wir im September abgeschlossen haben, damit wir dann während meiner Leitung einen klaren Pfad haben. Dieser orientiert sich an den Forderungen und großen Themen der Branche.
Welche Kooperationen streben Sie in Zukunft an?
Schmitt: Kooperationen sind für den Verband ein zentrales Thema. Das ist auch eine große Stärke des Fachverbands Aufzüge und Fahrtreppen, weil er die Vernetzung des VDMA als großer Industrieverband nutzen kann. Für uns war es immer schon wichtig, mit allen relevanten Partnern der Branche enge Kontakte zu haben und einen guten Austausch zu pflegen. Besonders hervorheben kann man etwa den DAFA, in dem wir sehr gut vertreten sind.
Der VDMA ist auch in allen relevanten Gremien in Berlin und Brüssel vertreten oder steht zu ihnen in einem engen Kontakt. Dort werden die gemeinsamen Positionen der von uns vertretenden Unterhemen kommuniziert und entsprechend umgesetzt. Intensiver wollen wir uns künftig sowohl auf europäischer als auch auf globaler Ebene einbringen, weil dort unsere Zukunft im Wesentlichen spielen wird.
Wie sehen Sie die zukünftige Rolle des VDMA in Europa, wollen Sie sich persönlich in der ELA engagieren, so wie viele Verbandspräsidenten aus anderen Ländern?
Schmitt: Der VDMA ist heute schon im Vergleich zu vielen anderen europäischen Verbänden der Verband mit den meisten Gremienmitgliedern in der ELA. Darüber hinaus leiten Mitglieder des VDMA auch einige Arbeitsgruppen der ELA. Auch im ELA-Vorstand sind wir herausragend vertreten. Ich sehe für mich daher aktuell keine Aufgaben in Brüssel.
Der aktuelle VDMA-Vorstand. Foto: © VDMA/AuFWie sinnvoll ist es, dass es in Deutschland drei Verbände in einer so kleinen Branche gibt? Wo ordnen Sie dort den VDMA ein?
Schmitt: Die Branche und deren Unternehmen bestimmen selbst, wie sie vertreten werden möchten. Ich gehe davon aus, dass die aktuelle Verbandslandschaft dem Wunsch der Unternehmen entspricht. Dass es heute drei Verbände gibt, ist der historischen Entwicklung in unserer Branche geschuldet. Teilweise wird diese Entwicklung mit unterschiedlichen Interessen von Komponentenherstellern und größeren und kleinen Aufzugbauern begründet. Für mich ist sie Ausdruck der Vielfalt und der unternehmerischen Individualität der ca. 700 Unternehmen unserer Branche in Deutschland.
Wir sind zum Glück eine Branche, die aus sehr vielen mittelständischen Unternehmen besteht, die ganz unterschiedlich strukturiert sind und einen eigenen Kopf haben. Das ist die Stärke der Branche in Deutschland und das prägt natürlich auch unsere Verbandslandschaft. Jeder hat genau den Verband, der am besten zu ihm passt. Es gibt auch Unternehmen, die in allen drei Verbänden Mitglied sind, weil sie meinen, dass jeder Verband spezielle Stärken hat.
Wichtig ist mir, dass wir uns weiterhin als VDMA mit unseren Partnerverbänden regelmäßig abstimmen. Wir kommunizieren regelmäßig und es gibt viele Positionen, die wir gemeinsam vertreten, etwa in Brüssel. Die gute Zusammenarbeit zwischen den Verbänden ist weiterhin zu stärken.
Der VDMA sieht sich dabei als Repräsentant der gesamten Branche. Im VDMA sind alle Aufzugsbauer und Komponentenhersteller sehr willkommen. Wir pflegen in unseren Gremien einen Austausch und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wir machen unseren Mitgliedern ein einzigartiges Angebot. Dazu gehört, dass sie Teil eines großen Verbandes sind und damit viele Plattformen haben, auf der sich die Branche trifft, Komponentenhersteller, Konzerne, größere und kleinere Mittelständler.
Wie groß ist der Einfluss der Konzerne und wie wollen Sie erreichen, dass der Einfluss des Mittelstands und der Komponentenhersteller im VDMA wächst?
Schmitt: Der gesamte Maschinenbau versteht sich als mittelständisch. Egal, wie groß die Unternehmen sind. Das spiegelt sich auch in den Strukturen des VDMA. Jedes Unternehmen hat eine Stimme. Unsere zwölf Vorstands-Mitglieder setzen sich zu jeweils einem Drittel aus den Vertretern der Konzerne, der kleinen und mittelständischen Aufzugbauer und der Komponentenherstellern zusammen.
Wir achten in all unseren Gremien auf diese Ausgewogenheit, soweit es möglich ist. Mehr Augenhöhe geht kaum. Ich kann aus meiner langjährigen Erfahrung sagen, dass das sehr gut funktioniert. Für mich ist es nicht entscheidend, aus welchem Unternehmen man kommt, sondern welchen Beitrag man leistet.
Warum ist keine Frau im Vorstand – gerade die Konzerne schreiben sich doch die Frauenförderung auf die Fahne?
Schmitt: Da kann ich nur Asche auf mein Haupt streuen. Das ist in der Tat so, und ich denke, wir sind in einigen Unternehmen hier deutlich weiter als im Vorstand unseres VDMA-Fachverbands. Wir hatten auch schon Frauen im Vorstand, aktuell leider nicht. Natürlich sind wir noch eine männerdominierte Branche. Aber in unseren Unternehmen haben wir zunehmend mehr Frauen in Führungspositionen, das ist gut so.
Es ist aber so, dass wir im VDMA die Wahlvorschläge der Unternehmen nicht beeinflussen können, es liegt in der Regel in der Hand der Unternehmen, wen sie in den VDMA entsenden und zur Wahl stellen. Im Idealfall hätten wir einen paritätisch besetzten Vorstand, aber bis dahin ist es vermutlich noch ein langer Weg. Ich nehme Ihre Frage auf und werde es im Vorstand fördern, sicher bin ich damit nicht alleine. In unseren Gremien sieht es jedoch auch heute schon ganz anders aus.
Der VDMA war 2017 das letzte Mal auf der interlift – ist für 2022 und in Zukunft eine Präsenz geplant?
Schmitt: Wir werden 2022, wenn die interlift stattfinden sollte, als VDMA nicht mit einem Stand daran teilnehmen. Die Messestände der Verbände sind zunehmend auch in den Verbänden schwer zu begründen.
Die Messe ist sehr erfolgreich und gut besucht. Für den VDMA ist die interlift daher eine wichtige Gelegenheit, um auf die Mitgliedsunternehmen und Ihre Vertreter zuzugehen. Wir werden also als VDMA nicht mit einem Stand auf der Messe vertreten sein, aber als Gäste und Besucher unser Mitgliedsunternehmen und eventuell zukünftigen Mitglieder.
Foto: © Schmitt + Sohn AufzügeWie will sich der Verband in Richtung Asien und der internationalen Normung positionieren?
Schmitt: Natürlich sind der VDMA und seine Mitglieder in der Normung auf allen Ebenen aktiv – national, europäisch und international. Auf die Branche werden globale Standards zukommen, das fördern wir auch, soweit es dabei einen fairen globalen Wettbewerb gibt. Dem stellen wir uns gerne. Deshalb ist es uns wichtig, dass die künftigen globalen Regelungen auch faire Regelungen für alle Beteiligten sind. Im VDMA setzen wir stark auf die Verbandsarbeit innerhalb der ELA und stimmen uns dort international und global ab.
Was die Entwicklung der internationalen Normung betrifft, erwarten wir einen zunehmenden Einfluss asiatischer Interessensvertreter. Insbesondere China wird vermutlich eine gewichtigere Rolle anstreben. Um hier zu einer zielführenden Zusammenarbeit und Entwicklung zu kommen, wurde auf Initiative der ELA ein Weltverband gegründet, die "World Elevator and Escalator Federation", zu dem auch die "China Elevator Association" gehört.
In diesem Forum führen wir den Austausch und gemeinsam mit der ELA die Abstimmung für eine zunehmend globale Normung. Vor diesem Hintergrund ist die Etablierung und Stärkung der internationalen Kooperation für uns essenziell. Die heute in Europa und in vielen großen Märkten der Welt etablierten Regeln bieten dabei eine gute Basis für ein zukünftiges globales Regelwerk.
Wo sehen Sie denn den fairen Wettbewerb gefährdet?
Schmitt: Es gibt eine Vielzahl von Themen, wie Fragen nach Qualität und Arbeitsbedingungen, entlang den heute vielfach globalen Wertschöpfungsketten der Branche. Alle diese Themen, gehören auch in anderen Branchen zum fairen Handel – damit eben auch in unserer Branche.
Wie bewerten Sie den Wettbewerb durch die Komponentenhersteller aus Asien?
Schmitt: Ich gehe davon aus, dass dieser Wettbewerb tendenziell eher intensiver wird.
Weitere Informationen: Wer ist Martin Schmitt? Martin Schmitt arbeitet seit 40 Jahren bei den Aufzugswerke Schmitt + Sohn, einem der größten Aufzugbauer in Deutschland. Der Kaufmann ist seit 30 Jahren einer der Geschäftsführenden Gesellschafter der Firmengruppe. Im VDMA-Fachverband Aufzüge und Fahrtreppen ist er fast sein ganz Berufsleben aktiv, zum Vorstand gehört er seit Mitte neunziger Jahre, seit 2005 war Schmitt zweiter Vorsitzender des Verbands.
Am 16. April wurde er zum ersten Vorsitzenden gewählt. Zum Fachverband gehören knapp 90 Mitgliedsunternehmen aus den Bereichen Aufzüge, Fahrtreppen und Komponenten, die mit einem Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro für etwa 90 Prozent des Aufzugs- und Fahrtreppenmarktes in Deutschland stehen.
vdma.org/aufzuege-fahrtreppen
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