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Eine Frage der Vorbereitung

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Wie viel ist mein eigenes Aufzugunternehmen wert? Diese Frage stellen sich Inhaber spätestens am Ende des eigenen Karrierewegs. Klar ist: Wer nach Schema F taxiert, landet oft weit daneben – und verschenkt potenziell viel Geld.

Eine Analyse von Dr. Lars Watermann

Eigentlich ist es ein kleines Wunder: Seit zweieinhalb Jahren hat die Corona-Krise die Weltwirtschaft im Griff – und doch sind die Auftragsbücher der Aufzughersteller prall gefüllt. Dementsprechend gut war die Stimmung während der jüngsten interlift in Augsburg.

Gleichzeitig war und ist die Pandemie aber auch ein Brennglas für die Unternehmensplanung. Zahlreiche Inhaber wurden zum Nachdenken über ihre eigene Zukunft angeregt und somit auch über die Frage, wie es im Falle eines Ausstiegs mit dem eigenen Lebenswerk weitergeht.

Familienintern oder Verkauf?

Die meisten Eigentümer entscheiden sich am Ende ihres Arbeitslebens für eine familieninterne Lösung. Andere ziehen sich auf die Gesellschafterrolle zurück und stellen einen Fremdgeschäftsführer ein, der oft auch Anteile erhält. Einige Inhaber entscheiden sich hingegen für den wohl radikalsten Weg und verkaufen ihren Betrieb komplett.

In allen drei Szenarien ist es wichtig, den genauen Wert des Unternehmens zu kennen. In den ersten beiden, um Streitigkeiten zu vermeiden und vor dem Finanzamt nicht in Bedrängnis zu kommen. Bei einer kompletten Veräußerung vor allem deshalb, um den Preis zu maximieren und somit in eine finanziell sorgenfreie Zukunft zu starten.

Deutlich zu niedrig geschätzt

Gerade bei einem Verkauf wird der Wert von den Inhabern allerdings oft deutlich zu niedrig eingeschätzt. "Bei uns lag die Differenz zwischen ursprünglicher Einschätzung und finalem Kaufpreis im mittleren zweistelligen Prozentbereich", berichtet etwa Klaus-Peter Kapp, Ex-Inhaber von Janzhoff Aufzüge, das 2015 an Kone ging. Denn Unternehmenslenker kennen ihre Firma zwar besser als jeder Marktbegleiter – doch können nur schwer erahnen, welchen strategischen Wert ihr Betrieb für einen der "Big 4" hat (siehe Kasten).

"Für die Käuferseite sind solche Bewertungen Alltag, für mich war es hingegen völliges Neuland. Mir war deswegen klar, dass ich einen erfahrenen Berater brauche", sagt Klaus Dralle, der seine Firma 2017 an Schindler verkaufte. Denn ein externer Fachmann sorgt nicht nur für einen professionellen Ablauf des Prozesses, sondern hilft dem Inhaber auch dabei, den wirklichen Wert des eigenen Unternehmens zu erkennen.

Erfolg gefährdet

"Wichtig war mir, dass mein Berater auf meine Branche spezialisiert ist", sagt Klaus-Peter Kapp. Denn mit dem eigenen Anwalt und dem Steuerberater existieren zwar oft jahrzehntelange, vertrauensvolle Verbindungen. Doch gerade sie gefährden absurderweise den finanziellen Erfolg der Transaktion. Weil sie – natürlich ohne böse Absicht – nach Schema F bewerten, was in vielen Branchen auch gut funktioniert.

"Aber selbst ein auf M+A spezialisierter Anwalt weiß nur in den wenigsten Fällen, was die Besonderheiten und somit letztlich die Assets von Unternehmen in der Aufzugbranche sind. Es ist selbsterklärend, dass angesichts des zu erwartenden Honorars niemand solch ein Mandat ausschlagen würde, selbst wenn er nur rudimentär Ahnung von der Materie hat", sagt Kapp.

Es gilt also: Wer die spezifische DNA und die strategische Bedeutung eines Aufzugherstellers nicht lesen kann, kann auch dessen Wert nicht richtig einschätzen ¬– und verschenkt somit am Ende vielleicht eine Menge Geld.

Der Autor ist Geschäftsführer der Watermann Agens GmbH und auf Firmentransaktionen in der Aufzugbranche spezialisiert. In den vergangenen 17 Jahren hat er zahlreiche Aufzugunternehmer bei ihrem Firmenverkauf beraten, darunter Marohn, Colonia, Eggert Gruppe und MS Aufzugbau und -service (TKE), Janzhoff (Kone) sowie B&T, Dralle und A.S. Aufzug + Service (Schindler).


Ein bunter Strauß Diese Kriterien bestimmen den Wert von Aufzugunternehmen: Über die Bewertung von Aufzugunternehmen kursieren zahlreiche Mythen. Der wohl größte Irrtum: Der Verkaufspreis bemisst sich vor allem am Servicegeschäft. Genauso wichtig sind mittlerweile Punkte wie das Modernisierungs-, Umbau- und Reparaturpotenzial ¬oder die Gelegenheit, durch die Transaktion eine große Menge qualifizierter Fachkräfte zu gewinnen. Deswegen scheitern klassische Bewertungsansätze wie die Discounted Cash Flow Methode oder auch der Vergleich mit anderen Deals aus dem Bereich Maschinenbau.

Zudem kann sich der Kaufpreis deutlich erhöhen, wenn der Verkäufer die Logik und die Bedürfnisse der Gegenseite kennt. Das beginnt bei den formellen Anforderungen und reicht bis zur richtigen Deal-Geschwindigkeit. Zudem muss der Wettstreit der Bieter permanent moderiert und orchestriert werden, um am Ende das beste Gesamtpaket zu erhalten. Klar im Vorteil ist außerdem, wer die historischen Kaufpreise der Branche kennt – die natürlich nicht frei zugänglich sind.

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