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Digitale Revolution: Mehr als eine Modeerscheinung

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Auf der IAA prognostizierte VW-Chef Herbert Diess einen Schwenk des Konzerns in Richtung Software. Diese Prognose wird auch die Maschinenbauer – und damit die Aufzugsbranche – betreffen.

Vor wenigen Wochen ging in München die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) zu Ende. Und fast wäre im bunten Feuerwerk der zahlreichen technischen Innovationen eine revolutionäre Aussage des VW-Vorstandsvorsitzenden Diess untergegangen: "Das heutige Geschäft mit Verbrennungsmotoren wird von den Analysten eigentlich gar nicht mehr bewertet, sondern nur unsere Zukunftsfähigkeit", sagte der Top-Manager.

Aktuell liege der Fokus der Börsenexperten auf der Frage, ob man beim Thema Elektrofahrzeuge wettbewerbsfähig und profitabel sei. Doch eine weitaus fundamentalere Veränderung steht dem Konzern offenbar erst noch bevor: "In der nächsten Dimension wird man schauen, ob wir in der Lage sind, ein Software-basiertes Produkt zu machen. Das wird die nächste große Frage, die wir beantworten müssen."

Diess spricht von einer fernen Zukunft. Doch auch er weiß: Die Veränderung, die er vermeintlich mit dem Fernrohr entdeckt hat, ist schon lange da. Konkurrent Tesla, der VW bereits seit Jahren vor sich hertreibt, ist eines der eindrücklichsten Beispiele dafür.

Düpierter Ex-Champion

Denn Elon Musk hat gezeigt, dass man in Zeiten der Digitalisierung sämtliche Produkte und Dienstleistungen von der Software-Seite her neu denken und gänzlich anders aufzuziehen kann – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass man anschließend in der Lage ist, die Regeln für die gesamte Branche komplett neu zu definieren.

VWs bisherige Ingenieurs-Exzellenz in den Bereichen Motor, Fahrwerk, Karosserie und Getriebe verblasst vor dem Hintergrund der neuen Welt. Die nun lautstark verkündete Kehrtwende des Autobauers ist also nichts anderes als das verzweifelte Manöver eines düpierten Ex-Champions.

Vorabend einer Revolution

Doch auch vor der Aufzugindustrie werden diese neuen Entwicklungen nicht Halt machen. Aufzughersteller können sich zwar aktuell glücklich schätzen, dass die Digitalisierung in der Branche noch nicht wirklich Einzug gehalten hat.

Klar ist aber: Wir befinden uns am Vorabend einer Revolution. Und wie es bei Revolutionen nun einmal so ist, lässt sich das Ergebnis des Umsturzes nicht genau prognostizieren. Klar ist nur, dass kein Stein auf dem anderen bleiben, dass es am Ende Gewinner und Verlierer geben wird.

Auch Sebastian Borek teilt diese Einschätzung. Der Gründer des etablierten Mittelstands-Digitalisierers Founders Foundation in Bielefeld ist sich sicher, dass die Digitalisierung vor keinem Geschäftsmodell halt machen werde. "Man kann sich das aktuell vielleicht gar nicht vorstellen, aber die Veränderung kommt mit exponentieller Geschwindigkeit. Das übersteigt schon rein biochemisch das menschliche Vorstellungsvermögen", so der Mittelstands-Experte.

Transformation im Kopf

Schon oft hat Borek es erlebt, dass Digitalisierung als Modeerscheinung abgetan werde. "Man hat volle Auftragsbücher, man lebt in seinem Silo und im Hier und Jetzt ist alles gut." Doch weil sich die Wertschöpfung in Richtung Software verschiebe, drängten plötzlich gänzlich neue Wettbewerber in den Markt. "Und zwar solche, die man nicht auf dem Zettel hatte, weil das nicht diejenigen sind, die man bislang auf der Messe traf."

Borek betrachtet den aktuellen Digitalisierungs-Schub in erster Linie als "eine unternehmerische Transformation, die zunächst einmal im Kopf stattfinden muss. Viele Unternehmer holen sich für dieses Thema Kompetenzen ins Haus, dabei ist es am Ende Chefsache."

Welche neuen Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung in der Aufzugbranche möglich werden und wo bereits heute erste Vorboten der beschriebenen Entwicklungen erkennbar sind – das werde ich in der kommenden Ausgabe des LIFTjournals beschreiben.

Eine Analyse von Dr. Lars Watermann
Der Autor ist Geschäftsführer der Watermann Agens GmbH und auf Firmentransaktionen in der Aufzugbranche spezialisiert. In den vergangenen 15 Jahren hat er zahlreiche Aufzugunternehmer bei ihrem Firmenverkauf beraten, darunter Marohn, Colonia und die Eggert Gruppe (TK Elevator), Janzhoff (Kone) sowie B&T, Dralle und – aktuell – A.S. Aufzug + Service (Schindler).

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