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"Die Vorausschauenden bleiben übrig"

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Als Geschäftsführer der Gemeinschaft Aufzugs-Technik (GAT) eG haben Jörn Wittig und Kevin Rieke tagtäglich mit Mittelständlern der Aufzugsbranche zu tun. Der Einkaufs-Genossenschaft gehören über 90 Fachbetriebe aus Deutschland an. Wie ist es um deren Zukunft bestellt?

Verkauft wurden u. a. Lechner Aufzüge aus Köln, Kasper-Aufzüge, Hildebrandt-Aufzüge und Dany Aufzüge. Alle vier übernommenen Unternehmen haben eines gemeinsam – sie sind auch Mitglied der GAT.

"Die Konzerne zahlen extrem hohe Kaufpreise, der spätere Unternehmensverkauf ist zum Geschäftsmodell geworden", meint GAT-Geschäftsführer Kevin Rieke. Neben dem lukrativen Erlös aus dem Firmenverkauf führen er und sein Geschäftsführerkollege Jörn Wittig weitere Gründe für einen Verkauf an.

Die Anforderungen an Arbeitssicherheit, Vorschriften und Dokumentationspflichten seien stetig gestiegen. Auch die langen Arbeitszeiten der jetzigen Unternehmergeneration sei aus Sicht von jüngeren Menschen unvereinbar mit einer ausgeglichenen Work-Life-Balance – sie hätten deshalb oft kein Interesse, die Firma zu übernehmen.

Verurteilen will Jörn Wittig niemanden, der seine Firma verkauft: "Ich halte es für völlig legitim, wenn jemand ein Unternehmen mit Fleiß und Geld aufbaut und es am Ende verkauft." Leider seien es zuletzt einfach zu viele gewesen. Mut macht ihm dagegen, dass es in den vergangenen fünf bis zehn Jahren auch eine Reihe neuer Gründungen gegeben habe.

Anpassung notwendig

Beide sind sich einig, dass der Mittelstand in der Aufzugsbranche eine Zukunft hat. "Der Markt fordert Spezialisierung, Flexibilität und Unabhängigkeit bei Waren und Dienstleistungen", führt Kevin Rieke als Begründung an. Damit die Unternehmen langfristig fortbestehen können, müssten sie sich nach Einschätzung von Jörn Wittig aber den aktuellen Herausforderungen stärker anpassen. "Dies betrifft Technologien, Administration und Firmenkultur."

Er prognostiziert eine Dreiteilung des Mittelstands: Die erste Gruppe nehme die Prozesse durch unternehmerische Initiative in die eigene Hand. Die zweite Gruppe setze sich aus Unternehmen zusammen, die lediglich reagierten und den Anforderungen hinterherliefen. "Das dürfte der größte Teil der KMU sein", glaubt Wittig.

Der Rest werde mittelfristig zu Subunternehmen und "Schmiermaxen" degradieren. Er rechnet er mit einer Marktbereinigung. "Die Vorausschauenden bleiben übrig. Sie werden aber eine gewisse Unternehmensgröße haben müssen, um den administrativ notwendigen Anteil umsetzen zu können. Für die Kleinstbetriebe wird es damit noch schwerer."

Personal qualifizieren

Um für die Zukunft gewappnet zu sein, müssten die mittelständischen Aufzugsbauer nach Einschätzung von Jörn Wittig deutlich mehr in die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter investieren. Ihm ist bewusst, dass dafür so mancher Firmenchef über seinen Schatten springen müsste. "Hören wir doch mit der ewigen Diskussion auf, dass man kein Geld in die Weiterbildung seiner Mitarbeiter steckt, weil sie dann vielleicht weg sind", fordert er.

Brachliegendes Potenzial sieht Kevin Rieke bei der Mitarbeitergewinnung und -bindung, der Digitalisierung, der Nachwuchsförderung und dem Ausbau von Netzwerken in der Branche.

Bessere Rahmenbedingungen

Solange "strategische Preise" gezahlt werden, sieht Jörn Wittig aber nur wenige Alternativen zum Verkauf an die Konzerne. "Reale Firmenbewertungen und Veräußerung an Mitbewerber, Investoren sowie interne oder externe Nachfolger stehen damit hinten an und greifen nur dort, wo man auf Geld verzichtet, weil man zu seinen gelebten Werten stehen will."

Der Verkauf an einen Konzern sei außerdem nicht nur lukrativer, auch die Abwicklung sei "komfortabler, schneller und bequemer". "Nachfolge ist arbeitsintensiv, dauert lange, verlangt Offenheit und birgt immer das Risiko des Scheiterns."

Jörn Wittig hält deshalb nichts davon, die Verkäufe an Konzerne zu verteufeln. Stattdessen wäre es sinnvoller, sich für bessere politische und formelle Rahmenbedingungen einzusetzen, um Neugründungen und den Fortbestand kleiner und mittlerer Unternehmen zu ermöglichen. Die GAT gehe mit gutem Beispiel voran. "Über die ,Next Generation‘ informieren wir junge Firmennachfolger und zukünftige Geschäftsführer, wie die Nachfolge gelingen kann."


Weitere Informationen: gat-eg.de

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