Die größte Krise: Der Fachkräftemangel
Lieferengpässe, Fachkräftemangel und enorme Preissteigerung bei der Energie – auch die Aufzugbranche ist von diesen Krisen betroffen, erklärt New Lift-Geschäftsführer Peter Zeitler im Interview mit dem LIFTjournal.
Zeitler ist nicht nur Geschäftsführer des Steuerungsherstellers New Lift, sondern auch VFA-Vorstandsmitglied.
Nach Corona kamen die Lieferengpässe – besonders bei den Halbleitern. Der Fachkräftemangel ist groß und die Preissteigerungen bei der Energie enorm: Sind Sie noch gerne Unternehmer?
Zeitler: Ich bin schon noch gern Unternehmer. Aber, ich habe tatsächlich in den 36 Jahren meiner Selbstständigkeit in der Liftbranche noch nie eine Konjunktur-Delle erlebt. So wie es jetzt aussieht, könnte die erste richtige Delle auf uns zukommen.
Wie stark kämpfen Sie derzeit mit dem Materialmangel?
Zeitler: Wir Steuerungshersteller sind natürlich massiv von der Lieferstörung bei den Halbleitern betroffen. Es ist jede Woche eine Herausforderung, die nötigen Bauteile zu bekommen. Deshalb mussten und müssen wir – wie viele andere Hersteller auch – sehr viel Geld ausgeben – wir reden vom Faktor 10-15 für Bauteile. Viele unserer Baugruppen mussten wir auf andere Halbleiter re-designen. Dadurch ist auch ein Entwicklungsstau entstanden.
Welche Krise macht Ihnen denn am meisten zu schaffen?
Zeitler: Bereits seit mehreren Jahren kämpfen wir am meisten mit dem Fachkräftemangel. Das ist unser größtes Problem. Derzeit sind unsere Auftragsbücher noch voll, auch der Auftragseingang ist immer noch gut. Wir brauchen dringend Mitarbeiter aus der Berufsgruppe der Elektrotechnik – vom Elektroinstallateur bis hin zum Elektroingenieur.
Peter Zeitler, Geschäftsführender Gesellschafter der Firma New Lift Steuerungsbau. Foto: © VFA-Interlift e.V.Wie reagieren Sie auf den Fachkräftemangel?
Zeitler: Das ist schwierig, wir versuchen mit allen Methoden neue Mitarbeiter aus unserer Berufsgruppe zu finden – wir sind natürlich auch in den sozialen Netzwerken unterwegs. Wir zahlen unseren eigenen Mitarbeitern sogar eine Prämie, wenn sie Fachkräfte anwerben und diese die Probezeit überstehen. All das, was andere versuchen, versuchen wir auch. Wir brauchen aber nun mal Elektro-Fachkräfte, da wir sehr viele große Industrieanlagen fertigen und hierfür elektrische Qualifikation nötig ist. Besonders drastisch ist die Situation bei uns in der Region München.
Wie positioniert sich New Lift gegenüber den Mitbewerbern – was können Sie besser?
Zeitler: Wir können auch nicht besser auf- und abfahren als unsere Mitbewerber, jedoch liegt unsere Stärke im Bereich der Industrie-Aufzugsanlagen. Wir verfügen derzeit über ungefähr 350 Sondersteuerungen. Von Beladesteuerungen über Sonder-Interfaces bis hin zu speziellen Zugangs- und FTS-Transportsteuerungen. Vielleicht sind wir im Bereich Monitoring, Analytics und mit unseren Recording-Tools unseren Mitbewerbern eine kleine Nasenspitze voraus.
Am wichtigsten ist mir jedoch, dass unsere Mitarbeiter die NEW Lift-DNA leben und weitergeben – denn davon profitieren unsere Kunden am meisten. Eine unserer Stärken ist die große Nähe zum Kunden und ein besonders guter Service. Ich achte schon sehr darauf, dass wir diese Werte, die uns groß gemacht haben, auch beibehalten. Wir nehmen den Kunden ernst und wir sind sehr kulant.
Wohin geht der Trend in der Aufzugsbranche?
Zeitler: Der Trend geht eindeutig zum digitalen Aufzug. Da werden sich mit Sicherheit neue Geschäftsfelder auftun wie zum Beispiel proaktive Wartung oder digitales Service Management, Besucher/Zugangsmanagement und vieles mehr. Durch den digitalen Aufzug wird auch die Umwelt profitieren. Die permanente Überwachung wird die Einsätze vor Ort verringern. Ich bin der tiefen Überzeugung: Wenn wir die Aufzüge vernünftig digital überwachen, wird sich die Betriebssicherheit und Verfügbarkeit erhöhen. Und das sind die zwei Faktoren, die für den Betreiber am wichtigsten sind.
Wie sehen Sie die Schnittstelle zwischen Hersteller und Prüforganisationen? Was könnte sich zukünftig verändern und welche Auswirkungen hat das z. B. für Aufzug-Steuerungssysteme?
Zeitler: Ich kann nicht viel dazu sagen, wie die Prüfungen im Detail ablaufen. Aber man könnte zum Beispiel den Anlagenstatus digital erfassen oder die technischen Dokumentationen hinterlegen – das macht es für den Betreiber transparenter und den Prüforganisationen sowie dem Aufzugsbauer etwas leichter. Man muss natürlich sicherstellen, dass die Sicherheitsdaten nicht verändert werden können. Monitoring-Systeme bringen es mit sich, dass eine Verbindung in die Außenwelt besteht – darüber werden wir diskutieren müssen.
Bei der Cybersicherheit sehe ich es ähnlich wie Tim Ebeling. Er hat vor einem Jahr im LIFTjournal den Normenentwurf zur Cybersecurity bewertet. Das wird mit Sicherheit eine enorme Herausforderung für uns Komponentenhersteller, aber auch für die kleinen Wartungsbetriebe oder die Instandhalter.
Sie bzw. Ihr Unternehmen sind seit Jahrzehnten Mitglied im VFA. Warum? Und warum engagieren Sie sich seit der Krise im Verband im vergangenen Jahr sogar im VFA-Vorstand?
Zeitler: 1986 war der erste Elevcon-Kongress in Nizza. Wir waren gerade einen Monat selbstständig und haben daran teilgenommen. Beim Abendessen saß ich mit Horst Wittur, Wolfgang Schäfer, Albrecht Hildebrand und Dietfried Kollmorgen an einem Tisch. Damals hatte Horst Wittur schon die Idee, dass man einen Verband für die Komponentenhersteller gründen sollte. Das geschah dann 1987.
Wir sind seit mehr als 30 Jahren im Verband und haben immer davon profitiert: National, Internationale Messen, von der VFA-Akademie und dem Normenwesen. All diese Dienstleistungen haben wir wahnsinnig geschätzt und in Anspruch genommen.
Ich war zwar immer passives Mitglied, habe die Arbeit des Verbands aber genau verfolgt. Die verschiedenen Vorstände haben immer eine tolle ehrenamtliche Arbeit geleistet. Mitte letzten Jahres – als vier Vorstandsmitglieder gleichzeitig ihr Amt niedergelegt haben – gab es eine Aussprache in Fulda. Ich habe das Treffen online mitverfolgt und die ganzen Fragen und Anschuldigungen an den verbliebenen Vorstand gehört. Ich habe mir damals gedacht, dass ich vielleicht mit meiner langjährigen Mitgliedschaft dem VFA wieder ein bisschen Stabilität geben und die Werte stärken kann, die diesen Verband ausmachen.
Das Interview führte Ulrike Lotze
Zur Person: Peter Zeitler ist Geschäftsführender Gesellschafter der Firma "New Lift Steuerungsbau". Er hat sie 1986 mitgegründet. New Lift hat insgesamt 210 Mitarbeiter (alle Werke und Niederlassungen). Der 63-Jährige ist gelernter Elektrotechniker und Elektromotoren-Entwickler. Zeitler ist seit 2021 Vorstandsmitglied im VFA-Interlift.
Weitere Informationen: newlift.de
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