Die Bedeutung einer korrekten und vollständigen Dokumentation kann man nicht genug betonen, denn wer dabei Fehler macht, muss im schlimmsten Fall haften. "Sie ist für jeden Firmeninhaber eine extrem wichtige Absicherung", erklärt der Diplom-Ingenieur. "Die Dokumentation ist gesetzlicher Bestandteil des Produkts. Wenn sie fehlt, kann der Kunde zum Beispiel die Rechnung kürzen." Sie dient aber auch der Absicherung der Hersteller, der Montage- und Wartungsunternehmen und natürlich auch der Sicherheit der Nutzer, für die der Arbeitgeber bzw. Anlagenbetreiber nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) verantwortlich ist.
So wichtig die Dokumentation ist, ganz einfach ist das Thema nicht. Das weiß auch Lenzner, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema beschäftigt und in der VFA-Akademie Kurse zu dem Thema hält. Im Wesentlichen sind ca. zwölf Richtlinien und neun Normen dabei zu beachten. Die Beschäftigung mit der Materie macht also Arbeit und wird deshalb oft als lästiges Übel betrachtet.
Dokumentation ist Pflicht
"Aber sie lohnt sich und bringt viele Vorteile", betont der Experte (siehe unten "Vorteile einer korrekten Dokumentation"). Eine verständliche Anleitung erleichtert nicht nur die Montage, Inbetriebnahme und Wartung der Anlagen, sie wirbt auch für das Produkt und zufriedene Kunden sind die beste Referenz.
Wer jetzt immer noch denkt, dass er das Thema trotzdem auf die leichte Schulter nehmen kann, ist im Irrtum. Denn die Dokumentation ist keine Kür, sondern schlicht und einfach: Pflicht.
Der Gesetzgeber fordert sie u.a. im Produktsicherheitsgesetz. Und sie geht weit über das Vorhandensein von Prüfbuch und Betriebsanleitung hinaus, die von jedem Montagebetrieb ganz selbstverständlich für jede Neuanlage erstellt wird: Als verpflichtender Bestandteil des Produkts ist sie Thema im gesamten Entstehungs- und Nutzungsprozess.
Sämtliche Prozesse müssen erfasst werden
Verpflichtet zur Dokumentation sind nicht nur alle Hersteller, die zum Beispiel eine Komponente auf den Markt bringen, sondern auch jeder Montagebetrieb, der einen Aufzug in den Verkehr bringt. Sämtliche Prozesse in der Entwicklung, Qualifizierung und Produktion müssen dabei erfasst werden. Außerdem dient sie der vertraglichen Absicherungen während des gesamten Lebenszyklus einer Aufzugsanlage.
"Auch die Beratungsleistung in der Planungs- und Umsetzungsphase sollte dokumentiert werden, um Ansprüche Dritter abwehren zu können", betont Lenzner, der im Hauptberuf den Technischen Support bei der LiftEquip GmbH leitet.
Bei den zahlreichen Anforderungen ist es nicht überraschend, dass etliche Dokumentationen fehlerhaft und/oder unvollständig sind. Häufig fehlen zum Beispiel Berechnungen, oft wird auch vergessen, dass die Dokumentation aktualisiert werden muss, wenn bestehende Anlagen umgebaut oder modernisiert werden.
Fazit
Die Produktdokumentation sollte – nicht nur beim Aufzug – den gesamten Lebenszyklus eines Produkts von der Wiege bis zur Bahre begleiten.
Damit wird nicht nur der sichere Umgang für Benutzer, Mitarbeiter der Wartungsunternehmen und Prüforganisationen gewährleistet, es schützt auch alle Beteiligten vor möglichen Regressansprüchen und rechtlichen Folgen.
Von Ulrike Lotze
Weitere Informationen
Interne Dokumentation
Die Kosten einer sorgfältig erstellten internen Dokumentation mit allen Berechnungen und Auslegungen für die Konstruktion und Herstellung sind hoch, weiß Lenzner. Aber im Gegenzug sei auch ihr Nutzen für die Betriebe groß: "Die Kosten dafür sind besser zu verkraften als ein Produktionsausfall oder Haftungsfall, der durch einen Qualitätsmängel verursacht wird." Denn sie ermögliche zum Beispiel ein reibungsloses Weiterarbeiten, wenn eine Fachkraft im Betrieb ausfällt. Zur internen Dokumentation gehören u. a.:
- Pflichtenhefte,
- Berechnungen,
- Konstruktionsunterlagen,
- Qualifizierungsmaßnahmen zum Produkt,
- Fertigungsunterlagen,
- Prüfanweisungen,
- Qualitätsaudits.
Externe Dokumentation
Darunter versteht man die Teile der Dokumentation, die an den Kunden, die Prüforganisation und den Verwender/Betreiber (nach BetrSichV Arbeitgeber) gehen. Sie müssen die Verwendung und Funktion des Produkts beschreiben. Die externe Dokumentation muss zusätzlich Inhalte wie die Baumusterprüfbescheinigungen, Herstellererklärungen, Anlagenzeichnungen, Berechnungen, Stromlaufpläne etc. enthalten.
Vorteile einer korrekten Dokumentation
- Erleichtert die Arbeit mit dem Produkt,
- Verringert die Wahrscheinlichkeit von Beschädigungen bei der Montage,
- Sichert den Hersteller rechtlich ab – denn im Schadensfall haftet er, wenn die Dokumentation unzureichend oder falsch war,
- Ist ein Verkaufs- und Marketinginstrument
Welche Bestandteile muss eine Dokumentation enthalten?
1. Betriebsanleitung mit allen Sicherheitshinweisen
2. Anzeigeunterlagen für die Anlage (Aufzugsbuch)
3. Anmeldeunterlagen für die Aufzugsbehörde (nationales Recht)
4. Technische Grunddaten der Anlage
5. Beschreibung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs. Bei Sicherheitsbauteilen zusätzlich die Baumusterprüfbescheinigung und die Konformitätserklärung. "Hier sollten auch sicherheitsrelevante Bauteile, die nach Vorschrift keine Sicherheitsbauteile sind, berücksichtigt werden, damit der Fachmann bei Inbetriebnahme und Wartung diese Komponenten fachgerecht verwenden und prüfen kann", betont Lenzner.
6. Wartungs- und Instandhaltungsanweisungen
Wie sollte die Dokumentation aussehen?
1. Sie muss in der Landessprache des Anwenders verfasst sein.
2. Sogar eine bestimmte Schriftgröße ist vorgeschrieben – damit die Dokumentation lesbar ist. Die Dokumentation muss so geschrieben sein, dass sie der Anwender versteht. Der Monteur mit seinen technischen Kenntnissen braucht eine andere Ansprache als der Endkunde/Betreiber.
3. Im Youtube-Zeitalter sind Videos und Bilder für Monteure empfehlenswert. Ergänzend zu der schriftlichen Dokumentation sollte man alle Unterlagen zusätzlich online auf der Website für den Kunden bereitstellen.
Betriebsanleitung:
Ela Guideline (als PDF herunterladen) Die European Lift Association (ELA) hat eine "Guideline" erarbeitet, die den Mindest-Umfang und -Inhalt einer Betriebsanleitung für Aufzüge beschreibt
Der Betriebsanleitung kommt eine zentrale Rolle zu.
- Sie muss vom Montagebetrieb erstellt und dem Endkunden und Betreiber zwingend in seiner Landessprache übergeben werden.
- Sie muss anlagenbezogen erstellt werden,
- Sie muss – genauso wie das Aufzugsbuch – jederzeit direkt an der Anlage zugänglich sein. Sie gehört nicht ins Büro des Betreibers und muss bei einem Betreiberwechsel an der Anlage verbleiben bzw. dem neuen Betreiber übergeben werden.
- Sie muss verlässlich Auskunft über jede Veränderung an der Anlage (Prüfungen, Umbauten und ggf. Tausch einzelner Baugruppen) geben. Sie müssen in der Dokumentation ergänzt, bzw. aktualisiert werden. "Das wird oft vergessen", so die Erfahrung von Volker Lenzner, "dann finden sie 20 Jahre alte Stromlaufpläne und der Aufwand zur Identifizierung von zu ändernden Komponenten erhöht sich erheblich – was sich direkt in den Kosten niederschlägt.")
Was sollte zusätzlich noch dokumentiert werden?
Zum Schutz des Know-hows
- Patente
- Schutzrechte
- Geschmacksmuster
- Namensrechte
- Trademarks
Der Entwicklungsprozess
- Zeichnungen und Stücklisten
- Berechnungen
- Simulationsergebnisse
- Test- und Versuchsunterlagen
- Mess-Ergebnisse
- Externe Untersuchungen und Zertifizierungen
- Produktfreigaben
- Erkenntnisse aus der Produktbeobachtung im Markt
Der Beratungs- und Planungsprozess
- Kundenberatung
- Ausgangssituation vor einer Modernisierung
- Terminpläne
- Zusatzaufwand
- Bauabnahmen
Der Herstellungsprozess
- Fertigungs- und Prüfpläne
- Fertigungsaudit
- Prozessabläufe
- Qualitätstests
Mögliche Rückruf- oder Austauschaktionen
- Informationen der Kunden
- Durchführung der Maßnahmen
- Rückforderung der fehlerhaften Teile
- Bestätigung über die ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahmen
"Aufzugstechnik" erscheint in dritter Auflage
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