Sobald die Wartung digitalisiert ist, kommen Dritte ins Spiel kommen. Und sie sind vor allem an einem interessiert: den Daten. (Foto: © B&M Noskowski, Aleksei_Derin / iStock.com / Getty Images / Montage)

Aufzug 4.0: Einfach weiterarbeiten wie bisher?

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IoT, Digitalisierung, Aufzug 4.0 –Schlagworte, die für viele in der Branche noch ziemlich abstrakt sind und mit denen sie sich nur zögerlich beschäftigen.

Volker Hager befasst sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema – und ist inzwischen ein gefragter Referent.

Seien wir ehrlich: Unser Geschäftsfeld ist lukrativ. Dabei wird das Geld in erster Linie im Service und bei der Wartung verdient. Auch die Modernisierung bietet noch interessante Margen. Anders ist es beim Neubau von Aufzügen: Da gibt es fast keine Gewinnspanne. Aber es ist wie immer, wenn die Markteintrittshürde niedrig und die Marge hoch ist: Alle wollen was von dem Kuchen etwas abhaben.

Was hat das mit dem Thema Digitalisierung zu tun? Nehmen wir die Wartung: Hier ist in den letzten 30 Jahren nicht viel passiert, oft wird noch mit den klassischen Checklisten gearbeitet. Doch das ändert sich gerade, überall ist die Rede von "predictive maintance", der vorausschauenden Wartung.

Topqualifizierte Kräfte werden gebraucht

Aber sobald ich die Wartung digitalisiere, kommen Dritte ins Spiel, sogenannte IoT-Provider. Was den Providern bisher noch fehlt, ist das Expertenwissen. Doch mit der digitalisierten Wartung verlieren die alten Wartungsfirmen genau dieses Expertenwissen und die Big Player der IT kommen ins Spiel.

Und dann braucht man kein einzigartiges Aufzugwissen mehr – denn die komplexe Technik wird es nicht mehr geben. Es wird zwar noch Schmiermaxe geben, die den Aufzug pflegen, aber sie werden kein Systemverständnis mehr haben. Was wir in Zukunft brauchen werden, sind also topqualifizierte Kräfte, die das System verstehen.

Sie glauben, dass das sie von dieser Entwicklung verschont bleiben und sie keine Bedrohung für Ihr Geschäftsmodell ist? Dann denken Sie mal an den E-Scooter, den eine Professor der RWTH Aachen für die Post entwickelt hat – die Autoindustrie hatte auf einmal einen Mitbewerber, mit dem sie wahrscheinlich nicht gerechnet hat.

Daten gehören zum Aufzug

Genauso werden Dritte ins Spiel kommen, sobald die Wartung digitalisiert ist. Für sie ist es egal, um welche Branche es geht: Die Datenarchitektur ist überall die Gleiche. Und sie sind vor allem an einem interessiert: den Daten.

HandwerkViele Betreiber geben sie freiwillig preis, weil sie keine Ahnung haben, was sie bei ihrem Wartungsvertrag unterschreiben. Mit ihrer Unterschrift geben sie die Rechte an den Daten ab, die eigentlich ihnen gehören. Richtig: die Daten gehören zum Aufzug.

Wird er verkauft oder gewartet, gehören die Daten dem Käufer, bzw. dem Betreiber. Doch wenn er sie unwissend hergibt, dann hat der Käufer die Übersicht und nicht mehr die Wartungsfirma. Einige Konzerne werben derzeit damit, dass sie die Daten für den Betreiber verwalten und für ihn so alles transparenter wird. Ich wage das zu bezweifeln: Denn auch im Internet sehen Sie nur das, was Sie sehen sollen.

Ein gefährlicher Traum

Na gut, mag manch einer denken, dann machen wir bei der Digitalisierung einfach nicht mit und arbeiten weiter wie bisher. Ein gefährlicher Traum: Denn wer diese Entwicklung links liegen lässt, wird eher früher als später durch einen Wettbewerber ersetzt. Unternehmen, die in zehn Jahren nicht mehr Teil eines IoT-Portals sind, sind nur noch Dienstleister – und zwar ein Dienstleister, der nicht mehr selbst sein Geschäftsmodell, also den Wartungszyklus und den Preis, bestimmen kann.

Wer bei der Entwicklung "Aufzug 4.0" dabei sein will, braucht einen IoT-Dienstleister. Denn eine einzelne kleine Firma kann Anomalien und Verschleiß nur erkennen, wenn ihr eine riesige Datenmenge zur Verfügung steht und sie sie auch deuten kann. Es ist kein Zufall, dass derzeit Datenanalysten und Startups im Bereich Künstliche Intelligenz aus dem Boden sprießen.

Personenfluss im Gebäude

Viele denken bei Aufzug 4.0 und dem Internet of Things noch an Remote Monitoring. Aber es geht um viel mehr: Die Konnektivität, die Möglichkeit, Informationen aus dem Gebäude und Informationen aus dem Internet zusammenzubringen und zu nutzen. Wenn zum Beispiel in einem Gebäude 50 Kaffee gezogen wurde, könnte der Aufzug künftig wissen, dass Mittagspause war und gleich viele Menschen einen Aufzug rufen werden.

Es geht also um den Personenfluss im Gebäude. Der nächste Evolutionsschritt ist, die Informationen aus dem Gebäude mit den Informationen aus dem Internet zu verbinden. Wenn das Hochhaus in der Nähe einer S-Bahn-Station steht – was spricht dagegen, die Aufzugsteuerung mit dem Fahrplan der Verkehrsvertriebe zu verknüpfen? Auch Sprachsteuerung durch die Benutzer wird ein großes Zukunftsthema.

Kleine Firmen müssen innovativ sein

Angesichts dieser Entwicklung haben kleine Firmen nur dann eine Chance, wenn sie innovativ sind. Die schlechte Nachricht: Für die Aufzugsbranche wird es nicht einfach, denn sie war bisher nicht sehr innovativ, es war schlicht nicht notwendig. Die gute Nachricht: Wir haben genügend Zeit, uns auf diese Entwicklung einzustellen, sie wird nicht über Nacht kommen.

Und es macht Spaß: Denn wenn Sie aktiv werden, sind Sie nicht mehr nur Passagier, sondern sitzen im Cockpit und können die Entwicklung mitgestalten. Alles andere ist gefährlich.

Volker Hager ist deutscher Geschäftsführer der schwedischen Firma Hydroware. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vertreibt Hightech Antriebs- und Steuerungssysteme für hydraulische Aufzüge.

www.hydroware.de