Thomas Maldet.

Thomas Maldet. (Foto: © TÜV Austria / Andreas Amsüss)

Abnahmeprüfungen in Österreich: die ÖNORM B2476

Aktuelles

Wenn ein Aufzug in Verkehr gebracht wird, muss vorher nachgewiesen werden, dass er nicht nur sämtliche technischen Anforderungen, sondern auch die Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen der Benutzer erfüllt.

Von Thomas Maldet

Wird in Österreich ein neuer Aufzug errichtet, müssen vor der Inbetriebnahme zwei Prüfungen gemacht werden:
für die Konformitätsbewertung nach der Aufzüge-Sicherheitsverordnung 2015, die Richtlinie 2014/33/EU umsetzt. Die Prüfinhalte richten sich nach dem Modul, nach dem in Verkehr gebracht wird, z. B. eine Einzelprüfung nach Modul G oder die Endabnahme eines baumustergeprüften Aufzuges nach Modul B und Anhang VI nach dem bundeslandspezifischen Aufzugsgesetz oder der Hebeanlagenbetriebsverordnung 2009.

Wo sind die Grenzen des Gewerkes "Aufzug"?

Die Prüfungen für das Inverkehrbringen sind in der Richtlinie eindeutig geregelt. Die Prüfinhalte für den zweiten Teil – die sogenannte Abnahmeprüfung – sind leider nicht vollständig aufgezählt. So kam und kommt es immer wieder zu Diskussionen darüber, wo die Grenzen des Gewerkes "Aufzug" sind und ein anderes Gewerk (z. B. des Gebäudes) beginnt.

Ein Musterbeispiel dafür ist eine noch nicht fertig gestellte Absturzsicherung in der Nähe des Aufzuges. Neben der Frage "Wie weit weg ist in der Nähe?" stellt sich auch die Frage der Zuständigkeit: Ist es Aufgabe des Sachverständigen, derartige Mängel im Zuge der Abnahmeprüfung aufzuzeigen und damit ggf. den Betrieb des Aufzuges zu verhindern?

Es wird wohl kein Aufzugsprüfer erklären, dass der Betrieb des Aufzuges sicher ist, wenn in (unmittelbarer) Nähe einer Haltestelle Absturzgefahr besteht – vielleicht sogar über einige Stockwerke. Dass sich darüber hinaus sogar die Frage stellt, ob die Baustelle überhaupt sicher ist, sei hier nur am Rande erwähnt.

Brandschutz und Brandschutzkonzepte

Ein weiteres strittiges Thema betrifft die Gewerke, die nicht unmittelbar zur Aufzugsanlage gehören, aber doch mit dieser zusammenarbeiten, wie z. B. der Brandschutz (Brandmeldeanlage). Der Sachverständige für Aufzüge hat weder das Detailwissen über die Funktion derartiger Gewerke noch wird ihm von den Gesetzen eine Zuständigkeit dafür unterstellt.

Ähnlich verhält es sich mit statischen Berechnungen, die etwa von Ingenieurbüros erstellt werden und damit keinen inhaltlichen Prüfungen mehr unterzogen werden müssen bzw. sogar dürfen.

Weitere Diskussionen gibt es bei behördlichen Auflagen, die sich aus individuellen Baugenehmigungen ergeben. Inhalt derartiger Bewilligungen sind oft Brandschutzkonzepte. Während der Prüfer verpflichtet ist, sich aus dem Brandschutzkonzept ergebende Konsequenzen (z. B. vor die Schachttüren vorgesetzte Brandschutztüren) zu prüfen, hat er inhaltlich keine Prüfpflichten.

Zuständigkeit von Sachverständigen

Der Versuch, Abgrenzungen für die Zuständigkeit des Sachverständigen und den Inhalt der Abnahmeprüfungen zu definieren, führte zur ÖNORM B2476:2011-11-15. Darin wird definiert, welche Unterlagen dem Prüfer vorgelegt werden müssen. Dabei ist davon auszugehen, dass das Konformitätsbewertungsverfahren bereits ordnungsgemäß abgeschlossen wurde.

Diese Dokumente müssen vorgelegt werden:
• Genehmigungsbescheide inkl. Planunterlagen für das Gebäude
• Genehmigungsbescheide für den Einbau der Hebeanlage
• Brandschutzkonzepte (falls nötig)
• Statische Vorbemessungen
• Nachweise, die in den Tabellen der Norm gefordert sind.

Vor allem der letzte Punkt bringt Klarheit für den Sachverständigen. Beispielsweise fordert die Norm für die ordnungsgemäße elektrotechnische Ausführung der Anlage, dass bei der Abnahmeprüfung eine Dokumentenprüfung und eine visuelle Prüfung über die Ausführung gemacht werden muss. Darüber hinaus muss der Sachverständige auch eine Funktionsprüfung durchführen.

Der Autor ist Leiter des Expert Center for Elevators and Escalators bei TÜV Austria.


Weitere Informationen: tuvaustria.com/aufzug