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Modernisierung statt Neuanlage: Der nachhaltige Weg

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In Europa gibt es momentan ca. 6,5 Millionen Aufzüge im Bestand – und jedes Jahr werden in etwa 150.000 Neuanlagen in Verkehr gebracht (Quelle: ELA).

Wurden diese Neuanlagen früher fast ausschließlich in neue Gebäude oder neue Schächte eingebaut, so stieg in den letzten Jahren stetig der Anteil an Neuanlagen, die als "Komplettmodernisierung" in bestehende Schächte eingebaut wurden.

Von Frank Schmidt

Die Gründe schienen auf der Hand zu liegen: Durch einen Komplettaustausch kann ein Aufzug sowohl sicherheitstechnisch als auch energetisch auf einmal auf den neuesten Stand gebracht werden. Doch ist dieser Ansatz richtig??

Betrachten wir den Komplettaustausch einmal in Bezug auf Energie, Rohstoffe und Zeit:
• Auf den ersten Blick erscheint der Komplettaustausch oft attraktiv zu sein, da sich die Energiemenge, die der Aufzug für den Betrieb benötigt, um mehrere hundert kWh pro Jahr zu reduzieren scheint.
• Dem gegenüber steht ein hoher Einsatz von Rohstoffen – und von Energie zu deren Gewinnung. Setzt man einen Primärenergieeinsatz von 5 MWh für eine Tonne Stahl und von 25 MWh für eine Tonne Aluminium an, betrachtet man zusätzlich die notwendigen seltenen Erden und die verbauten Edelmetalle, so zeigt sich, dass ein Komplettaustausch oft nicht nachhaltig ist. (Quelle für Zahlen: EPD-Plattform des IBU, "Institut Bauen und Umwelt e.V.", Berlin. Zu beachten ist hier, dass die Stadien Rohstoffabbau und -raffination bei den o. g. Primärenergieeinsätzen nicht mit betrachtet worden sind.)
• Bei Betrachtung der eingangs genannten statistischen Zahlen der ELA fällt auf, dass es bei 150.000 Neuanlagen über 60 Jahre dauern würde, um alle Aufzüge in Europa einmal zu tauschen, vorausgesetzt zwei Drittel dieser 150.000 Neuanlagen ersetzen ausschließlich bestehende Aufzüge!

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Unter Berücksichtigung dieser drei Punkte sowie der Verantwortung der Aufzugsindustrie und der Betreiber zur Erreichung der globalen Klimaziele, so wird klar, dass die Modernisierung von bestehenden Aufzugsanlagen häufig der nachhaltigere und effizientere Weg ist.

Die Vorteile des Vorzugs der Modernisierung gegenüber des Komplettaustausches sind:
• Viele der Komponenten, die auf Grund Ihrer Masse und Rohstoffe einen hohen Anteil an Ressourcen und Primärenergie gebunden haben (z.B. Schienen, Gegengewicht), können im Schacht verbleiben
• Die baulichen Anpassungen vor Ort und die dafür benötigten Rohstoffe (wie bspw. Zement) und Energie fallen geringer aus
• Die Lärm- und Staubbelastung werden gegenüber einer Neuanlage reduziert
• Die Zeit für einen Umbau und die damit verbundene Einschränkung der Mobilität im betreffenden Gebäude, insbesondere für Benutzer mit körperlichen Einschränkungen, ist deutlich geringer
• Eine Modernisierungsmaßnahme bietet eine geringere "finanzielle Hürde" als ein Komplettaustausch
• Für Verantwortliche mehrerer Aufzugsanlagen mit bestehendem Budget bietet die Modernisierung die Möglichkeit, mehr Anlagen zu sanieren, als dies mit Komplettaustauschanlagen möglich wäre

Doch wie sieht es in der Praxis aus? Was treibt den Modernisierungsmarkt an?

Lange Zeit waren Modernisierungen sehr stark durch sicherheitstechnische Aspekte getrieben. Dazu zählen die Nachrüstung von Fahrkorbtüren, von Systemen gegen Übergeschwindigkeit nach oben, Notrufsysteme oder das berühmte "Ammendment 3" zur EN 81-1, wegen dem UCM-Systeme heute noch als "A3-Systeme" bezeichnet werden, und viele mehr. Rund um diese Modernisierungen sind Regelwerke wie die EN 81-80 (auch "Safety Norm for Existing Lifts" oder kurz: SNEL), der Umbaukatalog des Deutschen Ausschusses für Aufzüge und viele weitere entstanden. Doch sie alle hatten hauptsächlich das Thema Sicherheit im Fokus.

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Aber was passiert um uns herum? Welche (Mega-)Trends und welche Themen prägen unsere Gesellschaft heute mehr als noch vor zwanzig Jahren? Und welche davon lassen sich auf den Betrieb von Aufzügen übertragen?

Die Bewegung hin zur Neo-Ökologie mit ihrem Nachhaltigkeitsansatz muss mit den gesellschaftlichen Herausforderungen aus Individualisierung, Urbanisierung und (Über-) Alterung unserer Gesellschaft, die neue Anforderungen an das Thema Barrierefreiheit stellen, in Einklang gebracht werden. Hieraus wird ersichtlich, dass neben Sicherheitsaspekten auch die Ökologie und die Barrierefreiheit die Treiber sind und sein müssen, Aufzüge zu modernisieren.

Aus dieser Sicht heraus wurde von der ELA, der European Lift Association, die "Working Group SAEL" gegründet, die sich mit der Sicherheit (Safety), der Barrierefreiheit (Accessibility), der Ökologie (Energy performance) von bestehenden Aufzugsanlagen (Lifts) befasst und versucht Ansätze zu finden, wie mit Modernisierungen diesen drei Themengebieten gleichermaßen Rechnung getragen werden kann.

Sicherheit – Barrierefreiheit – Ökologie

Ein magisches Dreieck ohne Lösung? Keineswegs! Viele Modernisierungsmaßnahmen an Aufzügen unterstützen mindestens zwei, oft auch drei dieser Ziele. Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Nachrüstung einer Frequenzregelung: Sie senkt den Fahrenergiebedarf (Ökologie) eines Aufzugs und trägt mit einer erhöhten Anhaltegenauigkeit und einer daraus reduzierten Stufenbildung zu einer höheren Sicherheit und Barrierefreiheit bei.

Aus dieser Sichtweise ist über die ELA ein neuer "Modernisierungskatalog" entstanden, der eine Reihe von Möglichkeiten aufzeigt, wie man viele der 6,5 Millionen Aufzüge in Europa mit Modernisierungen sicherer, barrierefreier und energieeffizienter betreiben kann. Dieser Katalog ist bei weitem nicht vollumfänglich, dafür ist die Bandbreite der bestehenden Aufzüge und technischen Lösungen schlicht zu groß.

Er zeigt aber beispielhaft, wie mit ausgewählten Lösungen bestimmte Ziele erreicht werden können. Uns Fachleuten obliegt es nun, diesem Ansatz zu folgen und anlagenspezifisch weitere Lösungen zu finden, um bestehende Anlagen auch in Zukunft sicher, barrierefrei und nachhaltig betreiben zu können.

Natürlich spielt auch der Komplettaustausch eine Rolle im SAEL-Katalog, denn dieser ist keineswegs zu verteufeln – es gibt manchmal gute Gründe, Aufzüge eben nicht zu modernisieren, sondern komplett zu tauschen. In den meisten Fällen überwiegen jedoch die Vorteile, die Aufzüge über Modernisierungen an aktuelle Technologien und Anforderungen anzupassen.

Der Autor ist Entwicklungsleiter bei den Aufzugswerken Schmitt+Sohn in Nürnberg, Mitglied im DAfA, in technischen Gremien beim VDMA und in der ELA, und Mitautor des "SAEL White Paper" der ELA.


Weitere Informationen: Zur englischsprachigen Fassung des SAEL White Paper

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