Udo Hoffmann ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Otis Deutschland. Der Diplom-Ingenieur und gelernte Werkzeugmacher arbeitet seit 1990 bei dem Unternehmen. (Foto: © Mejdi Bekri/Otis GmbH & Co. OHG)

Digitale Plattform für den deutschen Markt

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Die Stichworte Digitalisierung, prädiktive Wartung und proaktiver Service: Otis will diesen Trend umsetzen. Der Deutschland-Chef erklärt im Exclusiv-Interview mit dem LIFTjournal die Hintergründe.

Der weltweit größte Konzern der Branche führt jetzt "Otis one" in Deutschland ein. Damit sammelt der Weltkonzern die Daten von 300.000 seiner Aufzüge und wertet sie aus. So sollen Betriebsunterbrechungen nicht nur schneller erfasst, sondern im besten Fall auch vorhergesagt und so Gebäudebetreiber noch schneller und transparenter proaktiv informiert werden.

Unter dem Markennamen "Signature Service" will Otis den Kunden in Kombination mit "Otis one" einen komplett vernetzten und personalisierbaren Service bieten. Udo Hoffmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Otis Deutschland, stellt sich in einem Exklusiv-Interview den Fragen des LIFTjournals.

"Otis one", Signature Service – Herr Hoffmann, was ist wirklich neu an diesen Angeboten?
Hoffmann: Neu ist vor allem die Personalisierung. Wir bieten mit "Otis one" komplett vernetzte Serviceleistungen. Unsere Kunden werden über unser Kundenportal jederzeit mit allen relevanten Informationen versorgt. Wir überwachen ihre Aufzugsanlagen in Echtzeit, melden proaktiv eventuelle Unregelmäßigkeiten und können einen Servicetechniker schicken. Mit dieser prädiktiven Instandhaltung werden Probleme erkannt und behoben, bevor es zu Betriebsunterbrechungen kommt. "Otis one" ist die Hardware, die uns die Möglichkeiten bietet, die dafür nötigen Daten zu generieren und dann mit unseren Kunden abzustimmen. Es ist die Kopplung zwischen Moderne – IoT – und einem personalisiertem Kundenservice. Unsere bestehenden Serviceangebote wurden in die Dachmarke Signature Service integriert und angereichert, "Otis one" ist unter diesem Dach die Plattform für Hard- und Software und IoT-basierte Services.

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Haben Sie eigentlich schon genug Daten, um Störungen vorauszusehen?
Hoffmann: Tatsächlich generiert Otis mit seinem REM-System bereits seit etwa 30 Jahren Daten und nutzt sie für die Ferndiagnose, um Betriebsunterbrechungen schneller zu erfassen und zu beheben. Seit 2010 sind wir sogar in der Lage, über den Fernzugriff Remote Intervention Betriebsunterbrechungen zu beheben und eingeschlossene Personen zu befreien. Das Schöne ist, dass wir diese Daten digitalisiert haben und darauf auch perspektivisch zurückgreifen können – das ist ein Vorteil, den wir gegenüber anderen haben.

HandwerkWelche Vorteile hat der Betreiber?
Hoffmann: Es geht vor allem darum, den Service für den Kunden zu verbessern, dazu gehört in erster Linie eine bessere Verfügbarkeit der Anlage. Heute ist die Sichtbarkeit des Monteurs vor Ort der entscheidende Servicefaktor für den Kunden. Natürlich auch, wie schnell er vor Ort sein kann, um eine Störung zu beheben. Mit der Nutzung der Daten wird sich die Zahl dieser physischen Besuche des Monteurs vermindern. Warum? Wenn ich Daten vernünftig strukturiere und sammle, kann ich bestimmte Situationen, die mich heute überraschen, vorhersehen und meine Arbeiten entsprechend strukturieren. Das kann dazu führen, dass die Anzahl der Monteurbesuche sinkt und ich gleichzeitig trotzdem eine höhere Verfügbarkeit der Anlage habe. Wenn die Techniker den Fehler nicht erst suchen müssen, kann sich die Zeit für eine Reparatur um bis zu 70 Prozent verringern.

Bei 90 Prozent der Beschwerden, die auf meinem Schreibtisch landen, geht es um mangelnde Information der Kunden. Mit "Otis one" und Signature Service transportieren wir aber viele Informationen automatisch zum Betreiber, er weiß also immer, warum gerade was mit seiner Anlage passiert. Er kann zum Beispiel den Grund für eine Störung in seinem Cockpit genau erkennen.

Der Betreiber wird jetzt über unser Kundenportal also jederzeit mit allen relevanten Informationen versorgt. Unser Kundenportal ist zwar nicht neu – diesen Service bieten wir seit bestimmt 15 Jahren – aber die Vielfältigkeit und Anpassungsfähigkeit ist jetzt weitaus besser. Sie können als Kunde jetzt ihr Cockpit selbst designen. Sie haben außerdem eine Schnittstelle, an der alle Daten des Gebäudes zusammenlaufen – Heizung, Klima etc. Dass wir diese Schnittstellen großen Kunden bieten können, ist ein echter Vorteil von "Otis one". Kleinere Kunden können natürlich weiterhin unser Cockpit nutzen.

Wem gehören eigentlich diese Daten?
Hoffmann: Die technischen Daten gehören uns, die haben wir mit unserem System im Haus erzeugt. Da uns die Sensibilität des Themas Datenhoheit bewusst ist, haben wir das explizit in unsere Verträge aufgenommen. Wir geben die Daten aber auch an die Kunden weiter, wir verstecken nichts.

Ist diese Transparenz gegenüber dem Kunden etwas Besonderes?
Hoffmann: Das war in der Vergangenheit nicht so verbreitet, aber das wird sich durchsetzen, da bin ich ganz sicher. Es hilft ihnen nichts, wenn sie mit Informationen hinterm Berg halten. Information ist ein Instrument der Kundenbindung. Und ich glaube, die ganze Branche ist auf dem Weg, sich zu öffnen. Es hilft auch bei der Umstellung der Servicemodelle von Alt- auf Neuzeit, es wird die Berufsbilder verändern.

Das heißt?
Hoffmann: Sie brauchen höher qualifizierte Leute – auch in der Wartung. Sie benötigen weniger mechanische Arbeiten. Der Anteil, bei dem "Schmierarbeit" geleistet wird, verringert sich. Wir können mit den Anlagen der neueren Generation, die schon eine moderne Steuerung haben, schon heute Fernzugriffe machen, die bis zur Personenbefreiung gehen. Das hört sich einfach an, aber dafür ist ein komplizierter Qualifizierungsprozess unserer Leute nötig.

HandwerkDie Digitalisierung führt nicht nur zu neuen Berufsbildern, sondern auch zu neuen Serviceangeboten, über die wir heute noch gar nicht nachdenken. Sie führt vielleicht dazu, dass wir uns nicht nur mit dem Aufzug, sondern mit dem ganzen Gebäude befassen. Warum? Die Häuser werden durch die Verdichtung der Städte immer höher und komplexer. Besitzer möchten aber eventuell in einem Gebäude mit 10.000 Bewohnern keine hundert Aufzüge haben, weil das Raum ist, den sie nicht vermieten können. Was sind die Konzepte von morgen? Wie sehen die Häuser von morgen aus? Heute ist die Lösung, dass sie erkannt werden, wenn sie das Gebäude betreten und gesagt bekommen, gehen sie zum Aufzug Nr. 10, dort ist die Wartezeit am geringsten. Was machen wir morgen?

Also geht es eigentlich mehr um Mobilität?
Hoffmann: Richtig. Wir sagen: Wir sind Transportweltmeister. Heute beschränken wir das nur auf das Gebäude und den Aufzug. Was passiert in Zukunft? Das Thema Beförderung in und zwischen Gebäuden wird immer größer werden und zwar schnell. Die Mobilität stößt schon heute an ihre Grenzen, da kann ich nicht so weitermachen wie heute. Durch die Digitalisierung wird sich auch die Aufzugbranche komplett verändern und wir haben vor, da ganz vorne mit dabei zu sein, das Thema selbst zu treiben und nicht uns treiben zu lassen. Dafür investieren wir viel in unsere Forschung.

Welche Chancen haben kleine und mittelständische Unternehmen angesichts dieser Entwicklung?
Hoffmann: Sie haben die gleichen Chancen wie die großen. Ich sehe da keinen Nachteil. Es gibt über 500 Aufzugsunternehmen in Deutschland. Die gibt es, weil der Markt es erfordert. Das wird sich auch durch die Digitalisierung nicht radikal ändern. Es wird immer noch Aufzugsunternehmen geben, die nicht IoT-fähig sind und trotzdem ihre Arbeit haben. Es gibt außerdem Kunden, die lieber mit einer kleinen Firma arbeiten. In Deutschland gibt es ca. 800.000 Aufzüge und davon sind etliche älter als 20 Jahre – sie alle zu erneuern, wird natürlich seine Zeit dauern. Und bis alle in die Cloud integriert werden, braucht es noch eine Weile.

Das Interview führte Ulrike Lotze

www.otis.com