(Foto: © rdonar/123RF.com)

Steigende Zinsen, Sanierungszwang und die Aufzugsbranche

Aktuelles

Wir haben aktuell eine Situation im Immobilienbereich, wie es sie in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht gegeben hat: ...

Rasant gestiegene Zinsen in Kombination mit ausufernden Baukosten bei gleichzeitiger riesiger Planungsunsicherheit, verursacht u. a. durch die Auflagen für die energetische Gebäudesanierung. Das hat auch Folgen für die Aufzugsbranche.

Ein Kommentar von Volker Hager

Diesen Artikel schreibe ich mal aus einer etwas anderen Perspektive, dafür habe ich mich einfach mal so gut wie möglich als normaler Immobilienbesitzer über die aktuelle Entwicklung informiert. Aber natürlich nehme ich auch Bezug auf die Folgen für die Aufzugsbranche.

Sicherlich, nachdem die Zinsen in den vergangenen 15 Jahren bei 0,9 Prozent oder sogar noch niedriger lagen, war es absehbar, dass ein Anstieg kommen wird. Allerdings war der Anstieg in den vergangenen zwei Jahren sehr deutlich, in dieser kurzen Zeit vervierfachten sich die Fremdkapitalkosten und würgten damit Investitionen ab.

Bauherren, Unternehmen und Projektentwickler, die einen hohen Anteil an Krediten mit variablen Zinskosten haben, spüren dies zurzeit deutlich – das zeigen die prominenten Insolvenzen der letzten Monate. Die Auswirkungen spüren wir in der Aufzugsbranche schon jetzt im Neuanlagengeschäft, das deutlich zurückgegangen ist. Wenn weniger Gebäude neu errichtet werden, benötigt man halt auch weniger neue Aufzüge und entsprechend weniger neuen Komponenten.

Derzeit gibt es bereits erste Indikatoren, die zeigen, dass die Zinsen wahrscheinlich bald wieder moderat sinken werden. Dafür verteuern die Auflagen des neuen deutschen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und der Landesbauordnungen das Bauen nochmal deutlich. Konnte 2013 laut Statistischem Bundesamt ein Quadratmeter Wohnraum noch für 1.472 Euro errichtet werden, so lagen diese Kosten 2021 bereits bei 2.062 Euro pro Quadratmeter für Wohnraum mit mehr als drei Wohneinheiten.

Zwang zur Gebäudesanierung

Bei Bestandsgebäuden führte die leidige Diskussion um den Heizungstausch in Deutschland und ein anstehender Zwang zur energetischen Gebäudesanierung zu erheblichen Verunsicherungen. Die gute Nachricht vorweg: Der Zwang zur Gebäudesanierung ist dank der EU-Kommission vom Tisch. Am 7. Dezember 2023 ist es im sogenannten Trilogie-Verfahren zwischen Europäischem Parlament, der Europäischen Kommission und dem Rat gelungen, sich auf eine neue Gebäudeeffizienzregelung zu verständigen.

Nun müssen nur noch das Europäische Parlament und der Rat zustimmen, um das Rechtsetzungsverfahren im ersten Quartal 2024 formal zu beenden, so schreibt es der Jurist Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor der Vereinigung "Haus & Grund Rheinland/Westfalen" in der Mitgliederzeitschrift. Danach haben die Mitgliedstaaten Zeit, dies in nationales Recht umzusetzen.

Allerdings müssen die Mitgliedstaaten weiterhin den Primärenergieverbrauch bis 2030 um 16 Prozent und um weitere 20 bis 22 Prozent im Vergleich zu 2020 senken. Dies soll in erster Linie über die Gebäude mit den schlechtesten Energiekennwerten erfolgen. Wichtig ist aber, dass in der EU-Richtlinie keine Mindestenergiestandards für Bestandsgebäude mehr enthalten sind.

Unterschiedliche Maßstäbe

Tatsächlich war diskutiert worden, dass etwa Gebäude mit dem Energiestandard F bis 2030 und Gebäude mit der Klasse E bis 2033 energetisch hätten saniert werden müssen. Spannend ist, dass in der EU die Energieeffizienzklassen nicht nach dem einheitlichen Endenergie-Verbrauch festgelegt werden. Ein Wohngebäude in Deutschland mit der Klasse F gilt bei gleichem Verbrauch in Belgien und Niederlande als Klasse B. Das hätte zur Folge gehabt, dass das Gebäude in Deutschland hätte saniert werden müssen und bei unseren Nachbarn nicht.

Für Neubauten gilt aber ab 2030 die GWP-Berechnung (Lebenszyklus-Erwärmungspotenzial), die Kriterien und die Ermittlungsmethode dafür müssen aber noch durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden. Aber Achtung: Die verschiedenen Landesbauordnungen in Deutschland schreiben bereits andere Richtlinien vor. In NRW muss es z. B. ab 2025 auf allen neu überdachten Parkplätzen und Wohngebäuden eine Solaranlage geben.

Eingebaute "Galgenfrist"

Beim Thema Bestandsgebäude bin ich mit meinen Bestandsimmobilien und ihren Gasheizungen direkt betroffen. In erster Linie gilt weiterhin das GEG, das sagt, dass der Einbau einer Heizungsanlage mit fossilen Energieträgern weiterhin möglich ist, wenn sie zu 65 Prozent mit regenerativen Energieträgern betrieben werden kann.

Die "Galgenfrist", die eingebaut wurde, bezieht sich auf die kommunale Wärmeplanung. Diese muss bei Großstädten von mehr als 100.000 Einwohnern bis zum 30. Juni 2026 vorliegen und für alle anderen Kommunen bis zum 30. Juni 2028. Bis dahin dürfen alte Gasheizungen noch gegen neue Gasheizungen ausgetauscht werden.

Sollte eine Kommune aber keinen Wärmeplan vorlegen können, können zwar alte Gasheizungen gegen neue getauscht werden, jedoch muss der Eigentümer sicherstellen, dass sein Gebäude ab 2029 zu mindestens 15 Prozent, ab 2035 zu mindestens 30, ab 2040 zu 60 und spätestens ab 2045 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien versorgt wird. Ob das von einem Eigentümer sichergestellt werden kann, ist zu bezweifeln.

Es wird Kapital binden …

Ich werde mich also intensiv mit der energetischen Sanierung meiner Objekte auseinandersetzen müssen und es wird definitiv Kapital binden. Auch ein denkmalgeschütztes Objekt gehört dazu, ich bin gespannt, was der Denkmalschutz zu Solarpaneelen auf dem Dach sagt. An eine energetische Sanierung des Fachwerkobjektes ist gar nicht zu denken. Bisher konnte ich keinen Architekten oder Fachingenieur finden, der sich damit auseinandersetzen will.

Die Kosten einer energetischen Sanierung für ein Objekt der Energieklasse "E" können schnell 800 bis 1.000 Euro pro Quadratmeter betragen. Durchschnittlich sind voraussichtlich ca. 30 Prozent förderfähig. Elf Prozent der restlichen Kosten können theoretisch auf die Mieter umgelegt werden. Dies wird aber viele Mieter finanziell überfordern, sie können dann eine "Härtefall-Ausnahme" beantragen. Der ganze Beantragungswahnsinn für Fördermittel wird viele private Immobilienbesitzer überfordern und ihre finanziellen Ressourcen aufbrauchen.

Ach ja, und dann waren da auch noch meine Aufzüge, die hatte ich ganz vergessen! Es wird Sie nicht überraschen, aber mein Budget ist schon für die energetische Sanierung verplant … Jeder Leser kann sich ausmalen, dass das nicht nur mir so geht, sondern auch den großen und mittelgroßen Investoren und welche Folgen das für die Aufzugbranche in den kommenden Zeiten haben wird.

Der Autor ist nicht nur Immobilienbesitzer, sondern auch Geschäftsführer von Hydroware Deutschland. Er gehört zum Beirat des LIFTjournals.

Das könnte Sie auch interessieren: